NTS

früher jamehrmals imJahr gang und gäbe. Ich schau aber trotzdem immer, dass ich am Laufenden bleibe, was NTS betrifft. Alle paar Wochen hab ich mit Alexander Albler ein Meeting, da tauschen wir uns aus. Und meine Fühler strecke ich sowieso immer aus, aber weniger in Richtung Pro- duktentwicklung; dafür bin ich erstens zu weit weg vom technischen Thema und zweitens hat NTS ja eine eigene Abteilung dafür. Aber ich nehme durch all die Reisen einfach Bewegungen und Trends wahr, die sich dann auch auf diewirtschaftliche Ent - wicklung von Europa und folglich auf NTS auswirken, und die teile ich natürlich mit Alexander Albler.“ Was nur wenige wissen, er hat auch den Bau des bisherigen NTS-Gebäudes verant- wortet. Sowar es nur einleuchtend, dass er auchder ausführendeBauherrbeimZubau der NTS-Zentralewurde. Wie kamaber die Entscheidung, wie entschloss man sich, den aufwen- digen, kostenintensiven Schritt des Neubaus zu gehen und nicht einfach irgendwohin umzuziehen? „Weltbürger wird man nicht, man kann nur seine Fesseln ablegen“, sagte einmal ein kluger Zitatgeber. Hermann Koller hat definitiv seine Fesseln abgelegt, sofern er denn jemals welche hatte. Vor einigen Jahrenpackte derMannmit demBlick fürs Wesentliche die Koffer, ließ das operative Geschäft von NTS hinter sich und verlegte seinen Lebensmittelpunkt nach Los Angeles, Kalifornien. Die Welt ist klein geworden für den NTS-Mitbegründer, der viermal im Jahr zwischen Europa und den USA her- und hinfliegt und eventuelle Ab - stecher nach Neuseeland oder Brasilien erwähnt, als würde er zwischen Wiener Oper, Patscherkofel und Jakominiplatz entscheiden müssen. Da passt es einfach ins Bild, wenn er kurz nachdenken muss, in welchem US-Bundesstaat sich derzeit das NTS-Büro befindet (inArizona). Die Insel der Seligen,wieman Österreich mit seinem Sozialversicherungssystem bezeichnen könnte, will der gebürtige Kärntner aber nicht hinter sich lassen. Privates und NTS ziehen ihn immer noch regelmäßig in heimatliche Gefilde zurück. Wie aber sieht der NTS-Alltag für jemanden aus, der einVierteljahr- hundert lang ein Unternehmen von null an zu stattlicher Größemit großgemacht hat? „Berührungspunkte habe ich viele, ich stehe natürlich für alles, was dort für NTS wichtig ist, zur Verfügung. Offizielle, ver - briefte Tätigkeiten habe ich aber keine mehr. Herstellerkonferenzen besuche ich mittlerweile auch kaum noch, das war „Das hatte ganzvernunftbegründete Ur - sachen. Hier gab es das letzte verfügbare Grundstück, auf dem eine größere Erwei - terung noch möglich war, und nachdem Platzbedarf war und sich damals die Bau- gesetze verändert haben, war die Frage, ob wir noch einmal eine Baustufe machen. Und nachdem wir seit 22 Jahren hier in Grambachwaren undmehrmals in immer größere Büros umgezogen sind, habenwir irgendwann beschlossen: Ja, EIN Gebäude soll es nochwerden, das aber NUR für den Zweck von NTS gebaut wird – die anderen waren immerMischgebäude, auchmit an- derenMietern. Und dieses hier ist jetzt nur für NTS gebaut worden, wobei die Gedan- kenspiele dafür 2017, 2018 losgegangen sind. 2017 hatten wir den Parkplatz ohne- hin schon so gemacht, dass er nur ein Provisorium war, weil wir ahnten, wir möchten hier bauen. Beschlossen haben wir dabei recht früh, dass es optisch und funktionell so sein soll, dass alle Erfah - rungen der vergangenen Jahrzehnte darin eingeflossen sind.“ Hermann Koller, nicht zu vergessen, ist eigentlich studierter technischer Physiker. Später hat er auf der WU in Wien auch noch einStudiumfür Controlling&Finan­ ce gemacht. Beides verlieh ihm ein Mind- set, nicht nur um Baustellen zu begleiten, sondern auch ein Unternehmen wie NTS zu führen. Noch mehr verlieh ihm seine Ausbildung aber die Fähigkeit, inter­ disziplinär zu denken und das Problem- lösen als Teil seines lebensrealen Skillsets zu kultivieren. INTERVIEW CALLING SHORT DISTANCE: ZURÜCK IN DIE NTS-ZUKUNFT Mit dem eigenen DeLorean durch L.A. cruisen – diesen sich erfüllten Traum unterbrach Hermann Koller, um uns in Sachen Neubau NTS-Zentrale in Grambach bei Graz (mehr) Rede und (weniger) Antwort zu stehen, zu erzählen, wie er noch mit NTS verbunden ist, und was es heißt, Probleme zu lösen. Text: Harald Müller Foto: NTS » MAN WIRD RESILIENTER, JE MEHR TASKS MAN IM LEBEN GEHABT HAT. « „Corona** hätte uns ordentlichdrankrie­ gen können, aber hier beim Bau hattenwir mehr als Glück. Anfang März 2020 (Anm.: 1. Lockdown abMitteMärz 2020) stellte die Gemeinde den Baubescheid aus, alle Be- stellungen waren schon draußen und teil - weise schnell geliefert, und damit ging’s sofort los. Bis Ende des Jahres waren wir wie geplant fertig, imDezember 2020, und das ohne Kostensteigerungen! Unvorstell- bar, später und bis heute,wegen all der Lie- ferverzögerungen für Stahl und Holz und wegen der Lockdowns, wegen Arbeitern in Quarantäne und, und, und.“ Wie kamman über die Jahrzehnte überhaupt mit dem ständigwachsen- den Platzbedarf zurecht, wenn das eigene Unternehmen so enorme Wachstumszahlen hat? „Als Unternehmer wird man halt mit Dingen beschäftigt, die für die Angestell - tengarnicht oder kaumersichtlichsind. In der Regel war’s immer so, dass wir in der Geschichte der NTS immer nach zwei bis drei Jahren einen kleinen Umbau gehabt haben, umirgendwiemehr LeutenPlatzzu machen. Es war nämlich immer so, dass wir alle paar Jahre die räumliche Großzü - gigkeit ein bissl zurückgeschraubt haben, umwiedermehrMitarbeiter*innen unter- zubringen. Auch hier beim Neubau ist es jetzt gut gefüllt, aber esdürftennocheinige Arbeitsplätze als Reserve vorhanden sein.“ Koller schaut aus demFenster und über- legt, ob er Folgendes sagen soll: „Wobei, manmuss schon auch sagen, die pandemiebedingte Homeoffice-Situation hat auch im Betrieb von Bürogebäuden einiges verändert und entspannt da ein bisschen die Platzsituation. Die Räume stehen nicht leer, ganz und gar nicht, aber wahrscheinlich ist dieses gewohnte Büro- wachstum dadurch ein bisschen gebremst und man muss in Zukunft wohl kalkulie - ren, dass ein Teil der Mitarbeiter*innen nur abwechselnd einen Platz braucht. Da lobt man sich als Unternehmen, nebenbei erwähnt, natürlich, wenn man im Eigentum arbeitet, denn während der Lockdowns standen die Räumlichkeiten wirklich fast komplett leer, und dafür Miete und Nebenkosten zahlen zumüssen ist betriebswirtschaftlich natürlich immer relativunattraktiv.“ Wennman ein Unternehmenwie NTSmit leitet, ist man in Sachen Problemlösungmit allenWassern gewaschen? „Wie es losging mit der Pandemie, war ich gerade in den USA, und zwischendurch hab ich schon Angst gehabt, dass das beim Bau Probleme gibt – ich meine, da beauf- tragt man Millionen, und ich hab nicht gewusst, oballes total crasht,weil imersten Moment hat ja niemand gewusst, was nun passiert. Ichselber binerst EndeApril 2020 zurückgekommen und es hat wenigstens mit demBau alles geklappt.“ „Wenigstens“ regt in Gesprächen wie diesen immer zumNachbohren an. Was bewegte Koller, der während einer Pandemie auf zwei Kontinenten zu Hause war? „Wir durften dann bis Juni 2021 nicht mehrzurück.Das ist schonherausfordernd, denn ich hab drüben mit meiner Frau ein Kunst & Design-Unternehmen gegründet, alles angemietet, Ende März 2020 hätten wir große Eröffnung des Studios gehabt. Unddannkonntenwir fast eineinhalb Jahre einfach nichts machen. Diese Pläne sind dannalle letztlichdenBachruntergegangen undwirmussten das einfach demSchicksal überlassen. Bis heute bin ich dran, das wie- der in dieGänge zu bringen.“ Wir treffen im Gespräch immer wieder auf ein großes Thema: Problemlösen als unbezahlbare Fähigkeit. Fast beschämt bejaht Koller: „Nun ja, mit demmuss man irgendwanneinfachumgehen lernen.Man ist schon resilienter, wenn man über die Jahre so viele Tasks zu bewältigen hatte. Man muss auch damit leben lernen, dass man sich nichts so zu Herzen nimmt oder Panik bekommt. Ich hatte damals 2020 zwei Probleme: Ich hatte Millionen in ein Bauprojekt in Europa gesteckt, von dem ichnichtwusste, ob es gebautwerden kann oder ob es dann überhaupt noch gebraucht wird, und andererseits hatte ich in den USA das private Projekt, eine Firma ge- gründet zuhaben, dieauchnicht gebraucht worden ist. Wie ich dann nach Österreich gekommen bin, um den Bau hier fertigzu- stellen, konnte ich eineinhalb Jahre nicht mehr zurück in die USA, ummich dort um das Business zu kümmern. Das war schon sehr lehrreich, denn für dieZukunftbeein - flusst das das Denken.“ Was war dabei Kollers „Relax, We Care“-Moment? „Man stellt sich dem Problem und ver- sucht es zu lösen. Wir haben versucht, alle Karten zu ziehen. So geht Problemlösen. Wenn’s gut geht, ein Schritt nach dem an- deren, wenn’s schlecht geht, ein Lösungs- versuch nach dem anderen. Aber Tricks zu versuchen ist letztlich immer einWeg, der mehr Probleme schafft. Wenn man das weiß, hat man sich nichts vorzuwerfen.“ **Anm.: Die Corona-Pandemie wollten wir im RELAX nicht einfließen lassen. Hermann Koller allerdings nahm sich, so wie Helmut Schmidt in Fernsehsendungen live rauchte, mit ebensol- chem Genuss das Recht heraus, von einigen Pandemie-Zusammenhängen zu erzählen. Zu- recht, wie die Redaktion beschloss.) NAME: Hermann Koller GEBOREN: 04.09.1965 WOHNORT: Wien POSITION: Gründer und Eigentümer AUSBILDUNG: Dipl.-Ing. für Technische Physik an der TU Graz, MBA Finance & Controlling an der WU Wien 11 10

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